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Ein ostdeutscher Traditionsbetrieb sollte es sein. Den hat Dennis Wronski im vergangenen Jahr dann auch gefunden. Die MABA Spezialmaschinen GmbH im sachsen-anhaltinischen Wolfen ist ein Teil des ehemaligen ORWO Kombinats, das wiederum aus der Agfa hervorgegangen ist. Gegründet wurde die MABA von Ingrid Weinhold kurz nach dem Mauerfall. 27 Jahre lang hat sie das Unternehmen erfolgreich durch alle Höhen und Tiefen manövriert. Nicht nur deswegen wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Dennis Wronski führt das regional bekannte Unternehmen nun fort und setzt dabei neue Akzente.
Frau Weinhold, Sie haben Anfang 2017 damit begonnen, einen Nachfolger für Ihr Unternehmen zu suchen. Was war der Anlass dafür?
Weinhold: Dafür gab es zwei Gründe: Zum einen heißt es ja immer, dass man nicht bis zum Rentenalter warten soll, sondern sich frühzeitig mit dem Thema Nachfolge auseinandersetzen soll. Deshalb habe ich bereits mit 58 Informationsveranstaltungen besucht, mit Nachfolgern und Unternehmern gesprochen usw. Ich war in sehr vielen ehrenamtlichen Gremien, wie zum Beispiel im Vorstand des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer. Außerdem war ich Vizepräsidentin der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau. Insofern hatte ich ein sehr breites Netzwerk, das ich nutzen konnte.
Hinzu kam aber vor allem, dass mein Mann vor zwei Jahren nach seinem 60. Geburtstag von einem Tag auf den anderen sehr schwer erkrankt ist. Mein Mann hat mir in all den Jahren meiner Selbständigkeit immer wieder den Rücken gestärkt. Wir haben, wenn es nötig war, auch immer wieder unser privates Geld in das Unternehmen gesteckt, obwohl er selbst nie am Unternehmen beteiligt war. Ich war ja Alleingesellschafterin. Auch meine Tochter und mein Schwiegersohn haben mir den Rücken freigehalten. Man kann sagen, dass ich meine Familie wirklich hinter mir hatte. Also war für mich die Entscheidung klar, dass mein Mann jetzt Vorrang hat und ich mich um ihn kümmere.
Erzählen Sie uns etwas über die MABA?
Weinhold: Ich habe 1991 zusammen mit vier Gesellschaftern einen Teil der ORWO bzw. Filmfabrik Wolfen von der Treuhand gekauft und die MABA Spezialmaschinen GmbH gegründet. Das war eine schwierige Zeit, denn die Treuhand hatte wenig Vertrauen in die Fähigkeiten ostdeutscher Unternehmer. Nichts desto trotz ist es uns gelungen, ein erfolgreiches Unternehmen aufzubauen und Produktionsanlagen sowie Baugruppen und Ersatzteile von der Fotoindustrie über die Chemieindustrie bis hin zur Photovoltaik herzustellen. Unsere Kunden kamen aus allen Industriebereichen. Im Jahr 2000 habe ich dann den letzten Gesellschafter ausbezahlt und das Unternehmen als alleinige geschäftsführende Gesellschafterin weitergeführt.
Herr Wronski, Sie sind im August 2018 in die Fußstapfen von Frau Weinhold getreten und haben die MABA übernommen. Was hat Sie überzeugt?
Wronski: Ich war damals auf der Suche nach einem Betrieb in der Metallbaubranche. In Frage kamen Kfz- oder Maschinenbaubetriebe. Wichtig war, dass der Betrieb mir die Möglichkeit bieten sollte, meine Ideen zu verwirklichen und auf dem Bestehenden aufzubauen. Und dafür habe ich bei der MABA die besten Voraussetzungen gesehen. Mit ausschlaggebend war der gute Zustand und der Umfang des Maschinenparks. Und nicht zuletzt 30 sehr gut qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Darüber hinaus kam dazu, dass ich einen Traditionsbetrieb hier in der Region Bitterfeld, Dessau, Halle gesucht habe. Das war wichtig für mich, weil ich aufgrund meiner familiären Geschichte mit dem Osten sehr verwachsen und verwurzelt bin. Wie Frau Weinhold schon sagte, handelt es sich bei der MABA um einen Betriebsteil der ORWO, die wiederum ein Nachfolger der 1909 gegründeten Agfa-Filmfabrik Wolfen war. Insofern können wir hier wirklich auf eine lange Geschichte zurückblicken.
Sie haben die MABA über die nexxt-change-Börse gefunden.
Wronski: Ja, der Vorteil von nexxt-change war in meinen Augen, dass sie kostenfrei ist und es sich um eine Börse handelt, die von öffentlichen Einrichtungen betrieben wird und daher unabhängig ist. Ich hatte schon vor und während meiner Ausbildung zum Kfz-Techniker-Meister immer mal wieder in die Börse hineingeschaut und mir auch einige Betriebe angesehen. Und dann bin ich auf das Inserat von Frau Weinhold gestoßen. Nachdem wir zunächst telefoniert hatten, haben wir uns persönlich vor Ort getroffen. Und danach stand die Sache eigentlich für mich schon fest.
Frau Weinhold, wie waren Ihre Erfahrungen mit nexxt-change?
Weinhold: Ich hatte über die Nachfolgebörse Zuschriften von über 60 nachfolgeinteressierten Privatpersonen sowie Unternehmen erhalten. Aus diesen vielen Bewerbungen konnte ich eine Vorauswahl treffen und gezielt Interessenten anrufen und einladen. Das war sehr komfortabel.
Und warum fiel die Wahl auf Herrn Wronski?
Weinhold: Das kann ich Ihnen sagen. Ich habe für die MABA einen „Macher“ gesucht, der sich täglich um neue Aufträge kümmert, der neue Produkte entwickelt und mit seinen Kunden darüber diskutieren kann. Die MABA brauchte keinen Buchhalter und auch keinen Kaufmann, sondern jemanden, der weiß, wie eine Maschine funktioniert und genauso auch in der Lage ist, mit Menschen umzugehen und Zahlen zu verstehen. Viele der Bewerber, die sich bei mir vorgestellt haben, dachten einfach gesagt, dass sie hier einfach meinen Platz übernehmen, einen Haufen Geld verdienen und nichts dafür tun müssen. Dabei ist das Gegenteil der Fall: Als Unternehmer muss man immer arbeiten, immer aktiv sein. Diese Einstellung habe ich bei vielen Bewerbern nicht erkennen können. Es waren auch sehr viele junge Leute von Fach- und Hochschulen dabei, die zwar wussten, wie ein Unternehmen in der Theorie funktioniert, die aber vollkommen unterschätzt haben, wie schwierig es ist, ein kleines Unternehmen mit seinen Mitarbeitern zu führen. Das ist ja letztlich wie eine große Familie. Unter dem Strich habe ich mich dann auf mein Bauchgefühl verlassen. Und das sagte mir, dass die MABA bei Herrn Wronski gut aufgehoben ist.
Herr Wronski, hat die Handwerkskammer Halle Sie bei den Vorbereitungen unterstützt?
Wronski: Ja. Die Handwerkskammer hat mich während der gesamten Vorbereitungsphase betreut und stand mir bei der Ausarbeitung des Nachfolge- und Businessplans unterstützend zur Seite. Das Gute dabei war, dass die Kammer nicht einfach die Arbeit für einen übernimmt, sondern einem wirklich zur Seite steht. Sprich, sie fördert und fordert. Das bedeutet, ich habe den gesamten Nachfolgeplan selbst geschrieben und bin ihn anschließend mit der Handwerkskammer durchgegangen. Die meisten denken vermutlich, dass man als Nachfolger einen Betrieb übernimmt, sich an den Schreibtisch setzt und der Betrieb einfach so weiterläuft wie vorher. Aber das ist völlig falsch. Wenn man ein Unternehmen übernimmt, muss man sich genau überlegen, was man anders oder besser machen könnte. Das sind Überlegungen, die Zeit in Anspruch nehmen. Das geht nicht von heute auf morgen.
Gemeinsam mit der Handwerkskammer habe ich auch eine Maschinenbewertung ausgearbeitet, was bei dem umfangreichen Maschinenpark selbst für die Nachfolgeberater der Kammer eine extreme Herausforderung war. Wir reden hier ja von Dreh- und Fräsmaschinen sowie weiteren Metallbaumaschinen auf einer Produktionsfläche von gut und gerne 1,4 Hektar. Aber als Nachfolger sollte man schon so im Stoff stehen, dass man den Wert der Maschinen, Anlagen und Gebäude in etwa einschätzen kann. Das gilt auch für den Kundenstamm. Man muss die Unternehmenszahlen kennen und wissen, worüber man spricht. Das ist in jedem Fall besser, als sich von externen Unternehmensberatern alles fix und fertig erarbeiten zu lassen.
Frau Weinhold, Sie haben die MABA aufgebaut und hatten zum Zeitpunkt der Übergabe etwa 30 Mitarbeiter. Da fällt einem die Trennung nicht leicht.
Weinhold: Das stimmt. Für mich stand eigentlich immer fest, dass ich bleibe bis ich 65 bin. Aber durch die Erkrankung meines Mannes kam dann eben alles anders. Also habe ich mir gesagt, es ist besser, das Unternehmen jetzt, wo es auf festen Beinen steht, abzugeben. Die Auftragslage war gut, die Zahlen waren gut und sowohl mein Steuerberater als auch meine Banken haben gesagt, dass das Unternehmen in einem Zustand ist, der für die Fortführung „unter neuer Flagge“ gut geeignet ist.
Herr Wronski, Sie haben 30 Mitarbeiter übernommen. Hatten Sie vorher schon Führungserfahrungen gesammelt?
Wronski: Ich hatte ein Unternehmen mit meiner Frau zusammen und hatten Mitarbeiter. Das Unternehmen gibt es heute noch. Außerdem habe ich als Sachgebietsleiter des Katastrophenschutzes beim Technischen Hilfswerk mehrere hundert Mann geführt.
Nichtsdestotrotz – die Mitarbeiter müssen sich ja immer erst an ihren neuen Chef gewöhnen. Wie war diese Eingewöhnungsphase für Sie?
Wronski: Die war relativ entspannt. Ich bin von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vom ersten Tag an unterstützt worden, nicht zuletzt, weil mit einem Wechsel in der Chefetage immer auch eine neue Perspektive für die Mitarbeiter entsteht.
Frau Weinhold, Sie haben den Übergabeprozess noch eine Weile begleitet?
Weinhold: Ja, ich habe Herrn Wronski gesagt, dass ich bis zum Jahresende hinter ihm stehe. Wir waren bei den Kunden, wir waren bei den politischen Entscheidern hier vor Ort und bei verschiedenen Kreditinstituten. Irgendwann muss man dann aber doch einen Strich ziehen. Ich halte nicht viel von einem schrittweisen Übergabeprozess, ganz einfach, weil es doch zu unterschiedliche Vorstellungen und Herangehensweisen zwischen Jung und Alt gibt.
Herr Wronski, wie haben Sie die erste Zeit erlebt?
Wronski: Frau Weinhold hat mir relativ früh die Zügel überlassen. Da sie offiziell noch als Inhaberin und Geschäftsführerin eingetragen war, habe ich aber alle Entscheidungen mit ihr abgesprochen. Abgesehen davon teile ich ihre Meinung, dass die Übergabe zu einem fest vereinbarten Zeitpunkt stattfinden sollte. Dann muss gegenüber den Mitarbeitern und Kunden klar sein, wer der neue Eigentümer ist.
Sie sagten, es sei Ihnen wichtig, ein Unternehmen zu haben, auf dem Sie aufbauen können. Was haben Sie bisher in die Wege geleitet?
Wronski: Ich habe damit begonnen, den Betrieb zu modernisieren. Das betrifft Beleuchtungsanlagen, Maschinenanlagen, aber auch Arbeitsabläufe und Zuständigkeiten. Darüber hinaus möchte ich das vorhandene Know-how im Bereich der Maschinen und Anlagenproduktion zur konventionellen Fotoentwicklung ausbauen. Das ist ein vielversprechender Markt. Uns liegen zum Beispiel schon erste Aufträge von britischen Unternehmen vor.
Und wie soll es weitergehen? Was planen Sie in naher Zukunft?
Wronksi: Ich möchte auf jeden Fall den Mitarbeiterstamm perspektivisch auf 50 Mitarbeiter aufstocken. Insgesamt soll das Unternehmen für die Mitarbeiter noch attraktiver werden. Außerdem möchte ich das Leistungsspektrum erweitern und in die Produktion von Jagd- und Sportwaffen einsteigen. Hier bin ich bereits in Verhandlung mit einem Kooperationspartner.
War es rückblickend die richtige Entscheidung, das Unternehmen zu übernehmen?
Wronski: Definitiv ja. Die Chance, ein solches Unternehmen zu übernehmen, gibt es nur einmal. Es gibt auch kein zweites Unternehmen, das vergleichbar wäre. Da bin ich felsenfest von überzeugt.
Stand: Juni 2019
Mit freundlicher Unterstützung der Handwerkskammer Halle (Saale)