Paul Kündiger
Paul Kündiger in seiner Druckerei ©  Paul Kündiger

Herr Kündiger, warum haben Sie entschieden, neben ihrem Unternehmen noch ein weiteres zu kaufen?

Kündiger: Wir waren damals mit der Hauptstadtader GmbH und DeineStadtKlebt.de im Prenzlauer Berg angesiedelt und wollten expandieren. Dort haben wir aber keine Räume gefunden. Wir haben damals einen Großteil der Produktion bei externen Druckereien fertigen lassen und nicht in eigener Produktion. Daher war ich für alle Möglichkeiten offen. Als die Gelegenheit da war, habe ich zugegriffen.

Wie war dabei der Entstehungsprozess der Übernahme?

Olaf König, Gründer von Königsdruck, ging auf die Rente zu und fand keinen geeigneten Nachfolger. Sein Sohn, der schon seit seiner Jugend im Unternehmen arbeitete und heute immer noch für mich arbeitet, wollte die Führungsposition nicht übernehmen. Ich selbst sah es als Chance, meine Produktion selbst zu übernehmen und mehr Einfluss auf die Entwicklung meines ersten Unternehmens zu haben. Zuvor hatten wir schon bei Königsdruck drucken lassen. Olaf sprach mich an, und ich fand den Gedanken sehr gut.

Wie waren die Verhandlungen mit dem Voreigentümer und worauf sollte man bei solchen Gesprächen achten?

An sich lief alles reibungslos, da wir ja beide dasselbe Ziel hatten. Es war keine feindliche Übernahme, sondern eine Übergabe. Man braucht auf jeden Fall gute Unternehmensberater und Anwälte, die einen bei der Übernahme unterstützen. Das ist ja ein Prozess, den man nicht täglich durchläuft. Wichtig ist, sich nicht nur die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Zahlen und die Räumlichkeiten anzusehen, sondern vor allem alte Verträge mit Lieferanten und Kreditinstituten. Damit man keine Überraschungen erlebt.

Welche Bedingungen hat der Vorbesitzer zur Weiterführung des Unternehmens gestellt?

Es war ihm wichtig, dass jemand die Firma unter gleichem Namen und mit seinen Werten weiterführt und dass alle Arbeitsplätze erhalten bleiben. Er wollte, dass die Belegschaft komplett übernommen wird und der Geist von Königsdruck erhalten bleibt. Vor allem die Produktion hochwertiger, zuverlässiger Printprodukte. Er wollte jedoch auch, dass ein frischer Wind Einzug hält. Es hat ihm gefallen, dass ich als jüngerer Unternehmer eben diesen frischen Elan mitbrachte und neue Projekte entwickeln wollte.

Welche Herausforderungen gab es dabei, vor allem mit der Belegschaft gegeben?

Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter standen der Übernahme skeptisch gegenüber. Ein junger Chef in Baseball-Kappe und Sneakern ist in dieser Old-School-Branche ja eher unüblich. Vielleicht hatten auch einige Angst um ihre Arbeitsplätze. Und: erfahrene Kolleginnen und Kollegen und junge Wilde mit Ideen unter einen Hut zu bringen. Doch das hat nicht lange angehalten. Kurz nach dem Besitzerwechsel kam die Corona-Pandemie, da hatten wir viel Zeit für Workshops und teambildende Maßnahmen, auch dafür, die beiden Teams – mein altes und das neue – zusammenzuführen.

Welche Veränderungen haben Sie durchgesetzt, auch in Bezug auf die Unternehmenskultur?

Die erste Veränderung war die Schaffung eines neuen Markenkerns. Wir haben analysiert, was die zusammengeführten Unternehmen ausmacht, was ihre Werte sind und wo die Reise hingehen gehen soll. Das haben wir dann auf einer neuen Webseite mit neuer Corporate Identity zusammengeführt. Die Unternehmenskultur wollte ich in jedem Fall modernisieren, digitalaffiner werden und vor allem eines: ein bisschen lockerer.

Sind Sie auch in Bezug auf die Nachhaltigkeit neue Wege gegangen?

Ich habe die nachfolgende Generation natürlich im Blick und die Verantwortung, die ich nicht nur gegenüber meinen 55 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern habe, sondern auch gegenüber der Generation meiner Kinder. Das beinhaltet sowohl eine Sicht auf die Umwelt als auch auf die Wirtschaftlichkeit meiner Unternehmen. Seit 2021 sind alle neuen Druckmaschinen, die ich angeschafft habe und noch anschaffen werde, klimaneutral produziert und arbeiten auch CO2-neutral. Zudem haben wir eine sehr energieschonende LED-UV-Druckmaschine angeschafft, die etwa 70 Prozent weniger Energie beim Trocknen der Drucke verwendet als herkömmliche UV-Maschinen. Und auch auf die soziale Nachhaltigkeit lege ich Wert. So bekommt jeder, der mindestens zwei Jahre im Unternehmen ist, eine Ausbildungsplatzgarantie für seine Kinder.

Was sind ihre Ziele für die Zukunft?

Ziel ist die Markthoheit im Segment Aufkleberdruck. In Deutschland haben wir die jetzt schon weitgehend. Immerhin werden fast alle Streetsticker hierzulande bei uns in Reinickendorf gedruckt. Denken Sie beim nächsten Mal daran, wenn Sie in Berlin an einer Ampel stehen.

Stand: September 2023