Susanne Engels
Susanne Engels ©  Susanne Engels

Wie ein unvollständiges Schachbrett liegen die 25 Teiche in den seichten Wellen des westlichen Brandenburgs. Hier geht es eher gemütlich zu. Ging, muss man wohl sagen. Seit Susanne Engels hier Einzug gehalten und mit Mann Matthias den Fischzuchtbetrieb 25 Teiche übernommen hat, scheint die Gegend geradezu energiegeladen. Die 54 Jahre alte ehemaligen TV-Produzentin ist das, was man im Medien-Jargon wohl eine Rampensau nennt. Ihre Energie ist ein harter Kontrast zu der kontemplativen Ruhe an den Teichen, wo die Angler – meist so gesprächig wie ihre Beute – ihre Ruten für den großen Fang ausgelegt haben. Was macht so ein Tornado in der verschlafenen Mittelmark?

„Die TV-Branche hat sich stark verändert. Nicht unbedingt zum Guten. Mein Mann und ich wollten uns verändern. Wir hatten beide noch nie auf dem Land gearbeitet. Da ist mein Mann auf der Unternehmensbörse nexxt-change.org über diese Fischzuchtanlage gestolpert. Das hat mich eigentlich gar nicht interessiert. Aber ich bin zur Besichtigung einfach mitgefahren“, sagt die gebürtige Bayerin. Und da hat es bei Frau Engels „Klick“ gemacht. Für gutes Essen hat sie sich schon immer begeistert. Ihre Eltern hatten ihr beigebracht zu fragen, woher das Essen stammt, das auf ihrem Teller landet. Matthias Engels hingegen, ein eher ruhiger Ostfriese, studierter Elektrotechniker und Geschäftsführer einer international tätigen Firma für Übertragungstechnik, fühlte sich von der technischen Seite der Anlage angesprochen.

Die beiden haben sich die Anlage aus zwei völlig verschiedenen Perspektiven angeschaut. „Ich habe die Möglichkeiten der nahen Quelle gesehen, die diese Anlage speist. Mein Mann hingegen dachte: Super, da kann ich endlich mit meinen Händen arbeiten“, sagt Susanne Engels. Sie verliebten sich und gaben ihr Ja-Wort zum Kauf.

„Wir dachten, die Mitarbeitenden sind schon da, ihre Expertise hat man ja mitgekauft. Zudem verfügte mein Mann über die Kenntnisse in der Elektrotechnik, was auch hilfreich war, und ich konnte Marketing, Kommunikation und auch Geschäftsführung. Das wird laufen, dachten wir“, sagt sie. Doch dann begannen die Herausforderungen. „Das, was ein Unternehmen ausmacht, nämlich die tägliche Zusammenarbeit im Team, das ist eine große Umstellung für alle. Das muss man bei so einer Übernahme wissen. Das ist das eigentliche Herzstück einer Unternehmensnachfolge“, sagt Engels. Es hat geklappt mit der Umstellung und 2021 erhielt Susanne Engels dafür den „she succeeds award“ in der Kategorie externe Nachfolge vom Verband Deutscher Unternehmerinnen. Der Preis ist Teil des Projekts „she succeeds – Mehr weibliche Nachfolge!“, das durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) im Rahmen der Initiative „Unternehmensnachfolge – aus der Praxis für die Praxis“ gefördert wird.

Seit sie diesen Preis erhalten hat, wird sie immer wieder zu Impuls-Vorträgen eingeladen. Dabei erklärt sie unermüdlich, dass man bei einer Nachfolge in eine bereits vorhandene Unternehmenskultur eintauch. Und diejenigen, die unglücklich waren im Unternehmen, setzten große Hoffnungen in den Nachfolger. Die, die vorher sehr glücklich waren, seien skeptisch. Dadurch würden bereits bestehende Konflikte eher noch verstärkt, auch, weil viele Menschen prinzipiell Angst vor Veränderungen hätten. „Für den Prozess der Übernahme einer fremden Unternehmenskultur muss noch stärker sensibilisiert werden“, sagt Engels. Innerhalb der ersten beiden Jahre hatten und wurden vier der neun Angestellten gekündigt: Sie konnten sich mit den Neuerungen nicht anfreunden.

Und Neuerungen gab es einige. Die Engels richteten die Fischzucht voll auf die Spitzengastronomie aus. Seitdem züchten sie nicht nur Bachforellen, sondern auch Saibling und Stör, dessen Eier sie zu Kaviar verarbeiten lassen. Damit beliefern sie vor allem die Berliner Genusstempel. Seit einigen Jahren liefern sie ihr Wasser auch nach Österreich in die Destille von Josef Farthofer, einem Spitzenbrenner, der daraus Wodka macht. „Da unsere Teiche von einer naheliegenden Quelle gespeist werden, haben wir eine hervorragende Wasserqualität. Das kommt auch der Qualität unseres Fischs zugute. Auch die Ausscheidungen der Fische werden durch den Durchfluss aus den Teichen gespült“, sagte Susanne Engels. Darüber freuen sich auch die Angler. Mehr als 20.000 Ausflügler kommen inzwischen jährlich auf die Anlage, um hier Ruhe und Zurückgezogenheit zu finden.

Das Bistro haben die beiden gerade wieder geschlossen, der Hofladen wird zu einer Ferienwohnung umgebaut. Die Corona-Pandemie hat einiges zurecht geschliffen, aber den Optimismus und die Tatkraft von Susanne und Matthias Engels keineswegs gelindert. „Wir haben beschlossen, uns stark auf unsere Kernkompetenzen zu reduzieren. Und das sind nun einmal die Fischzucht und das Angel-Revier“, so Susanne Engels.

In Ufernähe eines der Teiche stehen fünf kleine, komfortabel ausgestattete Türme. Dort lässt es sich auf engstem Raum luxuriös entspannen. Betrieben werden diese Refugien nicht von den Engels, sondern von slube.de, mit dem sie eine enge Geschäftspartnerschaft verbindet. „Diese kleinen Türme sind ein echter Mehrwert für unsere Anlage, und sie entsprechen genau unseren Vorstellungen von hoher Qualität“, sagt Susanne Engels. Dadurch konnten sie ihr Geschäftsmodell auf Events erweitern.

Das sei Teil der Qualitätsoffensive, erklärt die ehemalige Fernsehfrau. So entwickelt sich 25 Teiche immer weiter zum Naturressort. Es ist wohl noch mehr zu erwarten von dem bayerischen Tornado und dem tiefergelegten Ostfriesen. Den Kauf haben die beiden nie bereut, auch in den Wirren der Corona-Krise nicht. Für Susanne Engels ist es bereits das dritte Unternehmen – und sie würde auch nochmal eines übernehmen. „Vor allem mit all den Erfahrungen, die wir jetzt hier gemacht haben“, sagt sie. Man ahnt, sie würde es wieder völlig umkrempeln. Und wieder sehr erfolgreich sein.

Stand: Juni 2022